Stop & Stare

„Das Leben ist kein Ponyhof!“, so sagt man. Und ja, dass ist es nicht. Weiß Gott nicht. Aber was auch beim Reiten gilt, gilt auch im realen Leben – wenn man einmal vom Pferd stürzt, soll man wieder aufstehen, sich abklopfen und wieder aufsteigen.

Als ich vor knapp drei Jahren an meinem persönlichen Tiefpunkt ankam, konnte ich, wie in dem Song von One Republic „Stop & Stare“, nichts anderes tun als Löcher in die Luft zu starren. Ich konnte nicht vor und nicht zurück. Und das jagte mir gehörige Angst ein. Ich fragte mich, wie ich dorthin gekommen war, wo ich eigentlich gar nicht sein wollte.

Meiner Meinung nach hatte ich beruflich alles getan, was von mir erwartet wurde. Ich hatte eine kaufmännische Ausbildung und ein weiterführendes Studium gemacht, habe mich weitergebildet, bin in eine andere Stadt gezogen, war flexibel im Denken und stets offen für Neues. Wie um alles in der Welt war ich jetzt so am Boden zerstört und ohne jeglichen Plan wie’s weitergeht.

Drei Wochen gingen ins Land und ich merkte, dass ich ohne Hilfe aus diesem Tal nicht mehr herauskommen würde. Ich war depressiv und völlig ausgelaugt. Also suchte ich mir Hilfe. Und fand sie auch!

Eine Gesprächstherapeutin half mir , klarer zu erkennen, was mir bisher gefehlt hatte: Authentizität und Vertrauen in meine innere Stärke. Vielzulange hatte ich mich davon leiten lassen, was andere von mir erwarteten – mit einem BWL-Studium mit dem Schwerpunkt Marketing musste man doch eine erfolgreiche Karriere hinlegen und viel Geld verdienen.

Ich erinnerte mich daran, was ich früher in die „Meine Freunde“-Alben meiner Klassenkameraden geschrieben habe, wo n seinen Berufswunsch eintragen sollte.
Ich habe immer nur geschrieben „Ich möchte glücklich sein.“. Aber ich war nicht glücklich.
Und wusste, dass musste ich ändern.

Als erstes flog ich nach London. Jahrelang war das mein Reiseziel Nummer eins gewesen. Und jahrelang hatte ich diese Reise immer wieder vertagt – wegen fehlender Zeit oder fehlendem Geldes. Ich traf wunderbare Menschen, die an mich glaubten und mich bestärkten meinem Wunsch zur Veränderung zu folgen. Aber das beste war – ich fand mich selber wieder.
Mein instinktiver Orientierungssinn, meine Sprachkenntnisse und meine Neugier, haben mir enorm dabei geholfen festzustellen, dass ich mutig und stark bin. Und bekam Lust darauf etwas Neues und Kreatives zu schaffen!

Als ich wieder aus London zurück war, fing ich an Ukulele zu spielen, ging Hochseilklettern (ich hab eine latente Höhenangst), ging auf mein erstes Festival, habe neue Freundschaften geschlossen und andere beendet. Kaufte mir ein leeres Notizbuch und fing an aufzuschreiben, was ich vom Leben wollte, was ich erreichen wollte, schrieb alltäglich Dinge auf, über die ich mich freute – mein erstes Eichhörnchen im Wald oder einen  Regenbogen.
Viele kleine Dinge, aber auch die Großen. Wie meinen Wunsch einmal ein „Tiny House“ zu bauen und minimalistisch zu leben. Peut-á-peut und Schritt für Schritt habe ich mich zurück an die Oberfläche gekämpft und für mich entschieden „Ich gebe niemals auf, egal wieviele Steine mir in den Weg geworfen werden.“

Ich wurde gezwungen nachzudenken und umzudenken. Aber ich habe mich ganz bewusst zu einem Neustart entschieden. Ich bin jetzt auch zertifzierte Online-Redakteurin, habe meine eigene Homepage erschaffen und kann meine Gedanken zu „Papier“ bringen.

Und ich bin dankbar. Dankbar für vergangenen, lehrreichen Jahre.  Man sagt ja, Lehrjahre sind keine Herrenjahre. Weißgottnicht!
Aber bin froh darüber, dass ich es geschafft habe mir meine vernachlässigte Kreativität, meine Neugier und meinen unbändigen Optimismus zurückgeholt zu haben.
Ich stehe zu meiner Geschichte, den es ist MEINE Geschichte. Und Geschichten sollen einen zum grübeln, zum nachdenken bringen, sie sollen einem Angst einjagen, aber wenn ich immer wieder die gleiche Geschichte höre, fange ich irgendwann an Löcher in die Luft zu starren…

…also „Seid anders. Es ist das, was euch einzigartig macht.“